melamar
S-BAHN-NAZI
ich fahr mit der bahn richtung norden
ne arabische frau mit kind visavis
es scheint alles ruhig zu sein
doch er steigt am rennweg ein
er sieht aus wie ein kleiner junge
im gesicht auf jeden fall
nur leider groß und stark
der schädel kahl, ein hackenkreuz an seiner jacke
gleich fängt er an scheiße zu reden
er öffnet den mund und raus kommt die kacke
er öffnet den mund und "ausländer raus" kommt raus
auch ich will hier raus, doch die zugtür ist zu
"zum kinderkriegen kommens her, die verfluchten ausländer
nur das geld das wollen sie, das österreichische"
es gibt kein klischee, das diesem idioten zu tief wär!
ich denk nicht, ich sage:
"feigling! als mann auf ne frau mit kindern losgehen
nur weil sie ein kopftuch trägt, du solltest dich schämen!"
der nazi dreht sich zu mir um
ob rennbahnweg oder großfeldsiedlung - egal!
ne gistige armut steht ihm ins gesicht geschrieben
und außerdem riecht der junge nach schnaps
seine wut auf mich wär gern grenzenlos
wankend steht er vor mir
doch spruch fällt ihm keiner ein
es fällt ihm nicht einer in den schoß
ich lächle und er gefriert
"wenn du noch einmal..." lallt er, "noch einmal..."
da macht der zug einen ruck
und der junge fascho fällt beinahe um
die s-bahn hält am praterstern
ich, wie auch die arabische schwester
mit ihren kindern steigen aus
der kleine nazi ruft uns hinterher: "ihr
scheiß ausländer! ausländer raus!"
dann kotzt er ausm zug
erst jetzt regen andere fahrgäste sich auch auf
erst jetzt regen andere fahrgäste sich auch auf
2019: Das G&GN-Institut nimmt Abschied vom 9.Nahbellpreisträger ~ NACHRUF auf Peter Rech 21.5.1943 - 5.12.2019
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Mai
"Ich bin der reichste Mann der Welt! // Meine silbernen Yachten / schwimmen auf allen Meeren. // Goldne Villen glitzern durch meine Wälder in Japan, / in himmelhohen Alpenseeen spiegeln sich meine Schlösser, / auf tausend Inseln hängen meine purpurnen Gärten. // Ich beachte sie kaum. // An ihren aus Bronze gewundenen Schlangengittern / geh ich vorbei, / über meine Diamantgruben / lass ich die Lämmer grasen. // Die Sonne scheint, / ein Vogel singt, / ich bücke mich / und pflücke eine kleine Wiesenblume. // Und plötzlich weiss ich: ich bin der ärmste Bettler! // Ein Nichts ist meine ganze Herrlichkeit / vor diesem Thautropfen, / der in der Sonne funkelt." Arno Holz (1863-1929)
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